5.3 YbTX mit T = Ni, Pd, Pt und X = Al, Ga

Alle hier untersuchten YbTX-Verbindungen sind bereits aus früheren Arbeiten [Tegel94, Klinger96] bekannt. In jüngster Zeit zeigte sich jedoch, daß die Systeme YbNiAl und YbPtAl bei tiefen Temperaturen eine interessante und komplizierte antiferromagnetische Struktur aufweisen. Zur eingehenden Charakterisierung wurde daher versucht, qualitativ möglichst hochwertige Proben für derartige Untersuchungen zur Verfügung zu stellen. Die Probenqualität war im Fall von YbNiGa bisher noch nicht zufriedenstellend, so daß auch hier durch bessere Proben eine genaue Charakterisierung dieses Systems ermöglicht werden sollte. YbPdGa und YbPtGa wurden in dieser Arbeit nicht untersucht. YbPdGa, das in der orthorhombischen CeCu2-Struktur kristallisiert, zeigt eine nur schwach temperaturabhängige Suszeptibilität [Rainford94]. YbPtGa ist vom TiNiSi-Strukturtyp. Dieses antiferromagnetische Kondo-Gitter-System hat eine Übergangstemperatur TN = 3,8 K [Adroja94]. An den YbTX-Verbindungen wurden außer einer Suszeptibilitätsmessung durch O. Trovarelli an YbPdAl und einer Messung des spezifischen Widerstands von YbNiGa sowie der spezifischen Wärme durch L. Donnevert an der gleichen Probe keine eigenen Messungen durchgeführt. Mehrere Proben wurden für Neutronenstreuexperimente, Elektronenspektroskopie und Mößbauer-Untersuchungen hergestellt. Die bisherigen Ergebnisse sind in diesem Abschnitt zusammengefaßt.


YbNiAl

YbNiAl kristallisiert in der hexagonalen ZrNiAl-Struktur [Rundqvist59] (Abbildung 5.8). Die Gitterkonstanten betragen a = b = 6,948 Å und c = 3,762 Å.

YbNiAl ist ein antiferromagnetisches Schwere-Fermionen-System mit einer Ordnungstemperatur TN = 2,9 K.

Der spezifische Widerstand steigt zwischen 100 K und 10 K logarithmisch an. Dies ist ein Anzeichen für einen ausgeprägten Kondo-Effekt. Nach einem Maximum unterhalb 10 K folgt ein quadratisches Abfallen zu tiefen Temperaturen, das auf das für Schwere-Fermionen-Systeme typische Fermiflüssigkeitsverhalten im Grundzustand zurückzuführen ist. Die Suszeptibilität folgt oberhalb von 100 K einem Curie-Weiss-Gesetz. Aus der Steigung von c ­1 berechnet sich ein effektives magnetisches Moment pro Ytterbiumatom von µeff = 4,4 µB. In YbNiAl liegt die Valenz von Yb also nahe 3+ (effektives Monent des freien Yb3+ ist 4,54 µB). Aus der Messung der spezifischen Wärme läßt sich der Sommerfeld-Koeffizient zu g = 350 mJ / mol K2 bestimmen (alles [Schank95]). In Messungen des spezifischen Widerstands und des Hall-Effekts in Abhängigkeit des angelegten Magnetfelds wurde metamagnetisches Verhalten beobachtet, also feldinduzierter Ferromagnetismus, der den antiferromagnetischen Zustand verdrängt. An die gewonnenen Daten konnte ein Einzelionen-Kondo-Effekt mit einer Kondo-Temperatur von T * = 3 K angepaßt werden [Diehl95].

Die im Rahmen der vorliegenden Arbeit hergestellten Proben dienten der Bestimmung der magnetischen Struktur von YbNiAl. Diese wurde mit Hilfe von Neutronenstreuexperimenten am Hahn-Meitner-Institut in Berlin unterhalb von TN = 2,9 K durchgeführt [Ehlers97]. Danach sind die magnetischen Yb-Momente senkrecht zur hexagonalen c-Achse ausgerichtet und lassen sich in zwei verschiedene Arten unterteilen: Zwei Drittel der Momente formen antiferromagnetisch geordnete Ketten, und ein Drittel bildet zwischen den Ketten angeordnete frustrierte Momente. Daraus ergibt sich eine sinusförmig modulierte Struktur mit einer Amplitude von µ = 1,9 µB. Der Propagationsvektor konnte zu q = (0,779 0 0) bestimmt werden. Das magnetische Gitter besitzt damit eine niedrigere, orthorhombische Symmetrie mit zwei unterschiedlichen Yb-Gitterplätzen. Die Frustration ist gleichbedeutend mit der Tatsache, daß in dem hexagonalen Gitter nicht alle antiferromagnetischen Bindungen abgesättigt werden können.


YbPdAl

YbPdAl [Tegel94] kristallisiert in der orthorhombischen TiNiSi-Struktur [Geller55] (Abbildung 5.10) mit den Gitterkonstanten a = 6,807 Å, b = 4,348 Å und c = 7,788 Å.

Dieses System zeigt zwischenvalentes Verhalten (Yb2,9+). Da elektronenspektroskopische Untersuchungen eine wesentlich kleinere Valenz n » 2,3+ ergeben hatten [Reinert97], wurde eine neue Probe hergestellt, denn die erste Probe war noch im Molybdän-Tiegel aufgeschmolzen [Tegel94].

Im spezifischen Widerstand gibt es eine sanfte Steigungsänderung mit einem stärkeren Abfall zu tiefen Temperaturen bei etwa 100 K. Die schwach temperaturabhängige Suszeptibilität hat ein breites Maximum bei etwa 180 K [Schank94b].

Die Existenz des Maximums der Suszeptibilität bei etwa 200 K und damit auch die Valenz von 2,9+ wurden durch eine neue Messung (Abbildung 5.9) bestätigt.


YbPtAl

YbPtAl kristallisiert wie YbPdAl in der orthorhombischen TiNiSi-Struktur (Abbildung 5.10). Die Gitterkonstanten betragen hier a = 6,753 Å, b = 4,340 Å und c = 7,669 Å.

Im Gegensatz zu YbNiAl zeigt YbPtAl nur einen schwach ausgeprägten Kondo-Effekt. Jedoch existieren drei aufeinanderfolgende antiferromagnetische Phasenübergänge bei TN 1 = 5,8 K, TN 2 = 2,9 K und TN 3 = 1,3 K. Der spezifische Widerstand ist zwischen 300 K und 150 K nahezu konstant. Bei tiefen Temperaturen steigt er nur leicht an, gefolgt von zwei Steigungsänderungen bei 5,9 K und 1,5 K. In der Suszeptibilität sind ein Peak bei 5,9 K und ein erneutes Ansteigen unterhalb von 3 K zu erkennen. Oberhalb 100 K läßt sich ein Curie-Weiss-Gesetz anpassen mit einem effektiven magnetischen Moment von µeff = 4,5 µB pro Yb-Atom. Damit ist das Ytterbium in YbPtAl dreiwertig. Die Messung der spezifischen Wärme zeigt drei deutliche Anomalien, die den drei antiferromagnetischen Übergängen entsprechen. Der Sommerfeld-Koeffizient konnte zu g = 200 mJ / mol K2 bestimmt werden (alles [Schank95]). In Messungen des Magnetwiderstandes und des Hall-Effekts konnte auch bei YbPtAl metamagnetisches Verthalten beobachtet werden [Diehl95].

In neuen Mößbauer-Experimenten sowie Widerstands- und Röntgenstreuexperimenten unter hohem Druck bis 260 kbar wurde der komplexe magnetische Grundzustand und die volumenbedingte Änderung von TN untersucht [Drescher97]. Dabei zeigte die Druckabhängigkeit des Zellenvolumens das Verhalten einer stabilen Kristallstruktur. Der Übergang von der ersten zur zweiten antiferromagnetischen Phase bei TN 2 geschieht durch eine Neuausrichtung der geordneten Momente. Ähnlich wie bei YbNiAl ist die komplexe magnetische Struktur durch Frustration der magnetischen Momente bestimmt, die durch die relative Anordnung der Yb-Ionen in einem Dreiecksgitter verursacht wird. TN 1 zeigt eine ungewöhnliche Druck- und damit Volumenabhängigkeit: Die Ordnungstemperatur bleibt bei steigendem Druck zunächst nahezu konstant, um dann oberhalb von p = 110 kbar steil anzusteigen.

Wenigstens bis hinab zu 1,8 K ist die magnetische Struktur von YbPtAl inkommensurabel mit der Kristallstruktur, wie neue Neutronenstreuexperimente zeigen [Malaman97]. Zur Zeit laufen am Hahn-Meitner-Institut in Berlin die Untersuchungen der Struktur der drei verschiedenen magnetischen Phasen an den neuen Proben.


YbNiGa

YbNiGa kristallisiert wie YbPdAl und YbPtAl in der orthorhombischen TiNiSi-Struktur (Abbildung 5.10) mit den Gitterkonstanten a = 6,724 Å, b = 4,233 Å und c = 7,308 Å. Im Gegensatz zu einem früheren Versuch [Klinger96] ist die in dieser Arbeit hergestellte Probe praktisch fremdphasenfrei. Es ergeben sich dadurch auch deutliche Unterschiede im physikalischen Verhalten.

Der spezifische Widerstand (Abbildung 5.11) bleibt zwischen 300 K und etwa 70 K nahezu konstant mit einem breiten Minimum bei etwa 170 K. Darauf folgt ein steiler Abfall um etwa 10 % mit einer leichten Steigungsänderung bei 46 K. Nach Durchlaufen eines Minimums bei 18 K steigt der Widerstand steil an. Bei der älteren Probe war der Abfall des Widerstandes zu einem Minimum unterdrückt [Klinger96]. Der hohe Fremdphasenanteil hatte die frühe Ausbildung von Kohärenz dort verhindert.

Die spezifische Wärme (Abbildung 5.11) zeigt einen scharfen Peak bei 1,7 K. Dies bestätigt die Existenz des antiferromagnetischen Phasenübergangs. Der Sommerfeldkoeffizient der elektronischen spezifischen Wärme ergibt sich aus einer Extrapolation der Daten zu T = 0 K und beträgt g » 450 mJ / mol K2.


Einkristallzucht von YbNiAl und YbPtAl

Wegen der starken Anisotropie der physikalischen Meßgrößen sind für die beiden Schwere-Fermionen-Systeme YbNiAl und YbPtAl Einkristalle zur genaueren Untersuchung der ungewöhnlichen antiferromagnetischen Grundzustände notwendig. U. Klinger hat an YbNiAl einen ersten Zuchtversuch nach dem Bridgman-Verfahren (siehe Kapitel 3.6.1) unternommen. Die genauen Details und Züchtungsparameter sind seiner Arbeit [Klinger96] zu entnehmen. Das Ergebnis dieses ersten Versuchs war eine stark texturierte Probe. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde ein zweiter Züchtungsversuch an diesem System unternommen. Das Verfahren und die Vorgehensweise stimmen mit dem ersten Versuch von U. Klinger in wesentlichen Punkten überein, jedoch mit den folgenden Ausnahmen: Der Tantaltiegel hat diese Züchtungsparameter nicht vertragen: kurz vor Ende des Prozesses wurde er undicht, wobei etwa die Hälfte des Probenmaterials aus dem Tiegel entwich. Ob der Grund dafür in der geänderten Tiegelgeometrie, der höheren Aufschmelztemperatur oder in der längeren Züchtungsdauer gelegen hat, wird durch weitere Versuche geklärt werden müssen. Das verbliebene Probenmaterial ist trotzdem noch immer von hervorragender Qualität, wie mehrere Röntgenmessungen an Pulver von unterschiedlichen Orten der Probe beweisen. Ein Abdampfen von Ytterbium kann daher ausgeschlossen werden.

Wegen Zeitmangel konnte die Probe bisher allerdings noch nicht auf ihren einkristallinen Charakter untersucht werden. Dies ist für die nähere Zukunft mit Laue-Aufnahmen von der Kristalloberfläche geplant, ebenso wie erste Versuche der Züchtung von YbPtAl-Einkristallen, die nach der gleichen Methode hergestellt werden sollen.


Kapitel 5.2